Auch wenn sich viele in diesem Moment den Frühling wünschen, ist der Winter für Daimler Truck eine wichtige Jahreszeit. Um den Elektro-Lkw eActros 300 und die kürzlich vorgestellte LongHaul-Variante auch bei Eis und Kälte auf Herz und Nieren zu prüfen, fuhr die Flotte rund 3.000 Kilometer nach Norden.
Die Tests selbst sind für Mercedes-Benz nichts Besonderes. Schon seit Jahren fahren die Ingenieure zu Fahrzeugtests nach Rovaniemi in Finnland. Aber zum ersten Mal hatte der Hersteller "eine große Flotte von Elektrofahrzeugen" dabei, erklärte Christof Weber, Leiter Global Testing Daimler Truck, bei einem digitalen Roundtable. Ziel war es, zu sehen, ob der Lkw hält, was er verspricht - bei einer Außentemperatur von minus 25 Grad Celsius. "Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir waren positiv überrascht", sagt Weber. "Und genau das hat er auch getan."
Laut Weber haben die Ingenieure bei den Tests besonders auf die Rekuperation geachtet. Schließlich sei das ein wesentlicher Unterschied zum Verbrennungsfahrzeug, sagt er. "Das ist natürlich sehr spannend, weil ich auf diese Weise Energie zurückgewinnen und meine Reichweite erhöhen kann", sagt er. Um die Vorteile der Rekuperation voll auszuschöpfen, ist laut Weber eine Art Bremsstrategie erforderlich. "Wie bringe ich die Rekuperation und das Bremsen im Allgemeinen unter einen Hut, wenn ich einen Sattelschlepper fahre und der Sattelschlepper auch noch das Gewicht der Anhänger abbremsen muss? Das ist alles ein bisschen anders als das, was wir von Verbrennungsfahrzeugen kennen."
"Jetzt wird es richtig interessant", fügt er hinzu, "die Rekuperation ist wie ein Retarder, was die Bremsfähigkeit angeht. Und das muss natürlich alles mit den neuen Assistenzsystemen koordiniert werden." Zum Beispiel mit dem Active Sideguard Assist. Er warnt den Fahrer vor sich bewegenden Radfahrern oder Fußgängern neben dem Fahrzeug und kann eine Vollbremsung einleiten. Er muss aber auch mit Systemen zusammenarbeiten, die den Fahrer bei wechselnden Witterungsverhältnissen unterstützen.
Auch diese wurden in Finnland auf den Prüfstand gestellt. Denn, so Weber, Assistenzsysteme sollen möglichst wenige Fehlerwarnungen geben. Das heißt, sie müssen unterscheiden können, ob eine Straße bereits vereist oder nur nass ist - und das bei wechselnden Lichtverhältnissen. Wenn die Systeme den Fahrer optimal unterstützen, komme dieser auch nach einer langen Fahrt viel entspannter an sein Ziel. Diese Erfahrung habe er nicht zuletzt auf der Fahrt nach Finnland gemacht, sagt Weber.
Rund 2.800 Kilometer legten die Lkw bis nach Rovaniemi zurück. Der eActros LongHaul, dessen Serienreife für 2024 geplant ist, wurde auf einen konventionell angetriebenen Lkw geladen, da er noch keine Straßenzulassung hat. Die Verteilerfahrzeuge, die eActros 300, fuhren jedoch eigenständig dorthin und mussten daher einen oder zwei Ladestopps einlegen.
Geladen wurde an bestehenden Ladesäulen, d.h. an LKW-Haltestellen und PKW-Säulen. "Wir haben heute nicht mehr so viele reine Lkw-Ladestationen, aber man kann auch an einer Pkw-Ladesäule laden. Dann braucht man aber zwei oder drei Parkplätze", sagt Weber.
Die batterieelektrische Sattelzugmaschine kann mit bis zu 160 kW geladen werden. An einer DC-Schnellladestation mit 400 A Ladestrom dauert es etwas mehr als eine Stunde, um die drei Batterien von 20 auf 80 Prozent zu laden. Die Serienproduktion des eActros als Sattelzugmaschine ist für die zweite Hälfte des Jahres 2023 geplant. Der LongHaul wird mit einer 600 kWh-Batterie und knapp 600 kW Spitzenleistung ausgestattet sein.
Quelle: Daimler Truck